Drugs – neue Strategien für antimikrobielle Therapien
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine inadäquate antibiotische Behandlung, basierend auf Resistenzen, Unterdosierung und / oder verspätetem Therapiebeginn zu einer dramatischen Erhöhung der Sterblichkeit bei Sepsis führt. Bis zu 80% der Patienten, die an schwerer Sepsis oder septischem Schock erkrankt sind, weisen subinhibitorische Antibiotikakonzentrationen im Blutplasma auf, wenn sie mit in Leitlinien festgelegten Dosen behandelt werden. Ursache dafür sind massive physiologische Störungen von Organfunktionen. Das kann in Behandlungsversagen und der Selektion resistenter Organismen resultieren. Da kaum neue Antibiotika entwickelt werden, ist der optimierte Einsatz der vorhandenen Substanzen unabdingbar – insbesondere in Anbetracht der zunehmenden Resistenzbildung. Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) wird in zwei Studien und einem translationalen Projekt als Möglichkeit untersucht, um vordefinierte pharmakokinetische / pharmakodynamische Zielwerte zu erreichen. Das zweite Thema des Forschungsbereichs und Ziel einer Studie ist die frühe Diagnose invasiver Candida-Infektionen bei Risikopatienten.
Drei klinische Studien und ein translationales Projekt bilden den Kern dieses Forschungsfelds:
C
CandiSep(1,3)-β-D-Glukan-basierte Diagnose von invasiven Candida –Infektionen versus Kultur-basierter Diagnose in Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock und einem hohen Risiko für invasive Candida -Infektionen
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
Neben Bakterien können auch Infektionen des Blutes und der Bauchhöhle mit Candida (Hefepilzen) Ursache einer Sepsis sein. Intensivpatienten sind aufgrund ihrer Abwehrschwäche sowie der häufig erforderlichen Behandlung mit starken Antibiotika besonders anfällig für Candida-Infektionen. Die Sterblichkeit ist hoch. Besonders problematisch ist, dass der klassische mikrobiologische Nachweis von Candida im Blut nur in der Hälfte aller Fälle gelingt und mehrere Tage in Anspruch nimmt. Schon eine Verzögerung der Behandlung mit einem gegen Candida wirksamen Medikament um nur einen Tag steigert die Sterblichkeit ganz erheblich.
Alternative Verfahren zum Nachweis invasiver Candida-Infektionen sind deshalb dringend erforderlich. (1,3)-β-D-Glukan (BDG) ist ein wichtiger Bestandteil der Zellwand von Candida, aber auch von anderen Pilzspezies. Er lässt sich mittels eines bereits erhältlichen Testes (Fungitell®) aus dem Blut nachweisen. Bisherige Studien zeigen, dass der Test bei ca. 80% aller Intensivpatienten mit schweren Candida-Infektionen positiv ist, meist Tage bevor ein mikrobiologischer Nachweis gelingt. Problematisch ist die relativ hohe Rate falsch positiver Befunde. Es fehlen jedoch Studien zu der Frage, ob die Anwendung des Testes bei Intensivpatienten auch tatsächlich die Behandlung und das Überleben verbessert.
Diese Lücke wollen wir mit einer multizentrischen klinischen Studie schließen. Eingeschlossenen werden sollen 368 Intensivpatienten mit neu aufgetretener schwerer Sepsis und Risikofaktoren für eine invasive Candida-Infektion. Neben der mikrobiologischen Diagnostik erfolgt auch eine BDG-Bestimmung. Nur in der Interventionsgruppe wird dass Ergebnis an die behandelnden Ärzte übermittelt und kann zur zeitnahen Einleitung einer adäquaten Therapie führen, in der Kontrollgruppe steht der Wert zur Behandlungsplanung nicht zur Verfügung. Untersucht wird, ob die Einbeziehung einer BDG-Bestimmung bei Risikogruppen die 28-Tage-Sterblichkeit reduzieren kann.
S
SmartdoseSimultane Bestimmung mehrerer Antibiotika mittels LC-MS / MS im Plasma, Gewebe und Atemkondensat für die personalisierte Behandlung mit Antibiotika
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Universitätsklinikum Jena
Eine angemessene Antibiotikadosierung ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung von systemischen Infektionen. Vermehrte wissenschaftliche Belege zeigen, dass ein festes Dosierungsregime zu einer unzureichenden und ineffektiven Antibiotikatherapie führen kann. Dies ist nicht nur durch die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bedingt, sondern vor allem auch durch eine veränderte Pharmakokinetik (PK) bei kritisch kranken Patienten verursacht. Abhilfe kann hier eine Quantifizierung der Plasmakonzentration der Antibiotika durch Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) mit dem Ziel einer personalisierten Therapie schaffen.
Das Ziel des Projektes Smartdose ist es daher ein LC-MS/MS-basiertes Verfahren zu entwickeln, mit dem eine simultane Quantifizierung verschiedener Antibiotika im Serum/Plasma möglich ist. Darüber hinaus soll das entwickelte Nachweisverfahren ebenfalls auf Gewebeproben und Atemgaskondensat angewendet werden, um zu untersuchen,ob die im Plasma nachgewiesene Antibiotika-Konzentration mit einer ausreichenden Medikamentenmenge am Wirkort einhergeht.
Für eine erste Anwendung des neuen Messverfahrens ist, in Kooperation mit den klinischen Studien Target und Target-FN, ein TDM der Piperacillin/Tazobactam-Konzentration geplant. Zusätzlich zum Einsatz der LC-MS/MS ist in ausgewählten Materialien auch die Etablierung und Validierung alternativer Methoden (Raman-Spektroskopie) geplant.
Abbildung: Beispielchromatogramm für Antiinfektiva
Gezeigt sind die Peaks in einer Gesamtübersicht über die positive und negative Ionisierung, inklusive Retentionszeiten in einem Beispielchromatogramm für 1 mg/l Antiinfektiva in EDTA‑Plasma. Links: Chromatogramm aller Analyte bei positiver Ionisierung, rechts: Chromatogramm aller Analyte bei negativer Ionisierung. (Masterarbeit Christina Wichmann 2016: Simultane Quantifizierung von klinisch relevanten Antiinfektiva in Blutplasma mittels LC-MS/MS)
T
TargetTherapeutisches Drug Monitoring für Piperacillin/Tazobactam
Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum
Während der Auswahl und dem Zeitpunkt der Antibiotikatherapie bei Sepsispatienten in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit geschenkt wurde, sind die Evaluation der optimalen Dosierungen und deren Überwachungsstrategien noch nicht ausgereift. Angesichts der Verbreitung multiresistenter Erreger und des Fehlens neuer Antibiotika ist die optimale Anwendung des bestehenden Arsenals jedoch zwingend notwendig. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass bei über der Hälfte der Sepsispatienten, unter der nach Fachinformation empfohlenen Standarddosierung, die Serumkonzentration von Antibiotika zu niedrig ist und dies mit einem schlechteren Outcome einhergeht. Zudem konnte gezeigt werden, dass diese subtherapeutischen Antibiotikaspiegel die Entwicklung von antibiotikaresistenten Bakterien vorantreibt. Bisher wurde jedoch in keiner Studie untersucht, ob die Bestimmung der Blutkonzentration von Antibiotika, und eine auf Basis dieser Daten patienten-individuelle Dosisanpassung, das Outcome bei Sepsispatienten verbessert. Die TARGET-Studie zielt auf eine Optimierung der antimikrobiellen Therapie, mittels auf den Erreger der Sepsis abgestimmter patientenindividueller Dosisanpassung von Piperacillin, ab, die zu einer substanziellen Verbesserung der Prognose von Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock beitragen könnte.
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) für die personalisierte Antibiotika-Behandlung mit Piperacillin-Tazobactam (PipTaz) in Patienten mit neutropenischem Fieber
Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Jena
Febrile Neutropenie (FN) tritt während einer myelosuppressiven Chemotherapie in etwa 80% der Patienten auf und ist für gewöhnlich das erste Zeichen einer systemischen Infektion, eine der Hauptursachen von behandlungsassoziierter Sterblichkeit bei Krebs. Die meisten Episoden können auf bakterielle Infektionen in dieser immunsupprimierten Patientenpopulation zurückgeführt werden. Daher wird FN immer empirisch mit Breitbandantibiotika behandelt. Meist wird Piperacillin-Tazobactam (PipTaz) verwendet; etwa 50% der Patienten sprechen auf diese Behandlung an. Die verbleibenden 50% müssen mit Reserveantibiotika behandelt werden, was mit höherer Toxizität und dem Risiko weiterer Resistenzentwicklung verbunden ist. Vorläufige Daten weisen darauf hin, dass zum Teil subtherapeutische Wirkstoffspiegel mit für das Therapieversagen verantwortlich sein können.
Die klinische Studie Target-FN untersucht die Durchführbarkeit und Effektivität von personalisierter Applikation von PipTaz mittels therapeutischem Drug-Monitoring (TDM) bei Patienten mit hämatologischen Grunderkrankungen und FN. Das Ziel ist, die Ansprechrate im Vergleich zur Standardtherapie (50%) um 20% auf 70% zu erhöhen. Target-FN ist als prospektive, monozentrische, randomisierte klinische Studie geplant, die im Standardarm PipTaz in der üblichen Dosierung verabreicht und TDM-Proben nur zur diagnostischen Auswertung verwendet. Im Interventionsarm soll hingegen die PipTaz-Dosis gemäß TDM-Ergebnissen angepasst werden.
Die Ansprechrate wird als stabile Entfieberung – d.h. 5 aufeinanderfolgende fieberfreie Tage – erfasst. Zusätzlich werden Zahl der Tage mit Antibiotikatherapie, Dauer des Krankenhausaufenthaltes, Toxizitätsanalysen und Überleben nach 30 Tagen ausgewertet. Target-FN ist die erste Studie zu TDM bei FN. Falls erfolgreich, ist ein direkter Einfluss auf klinische Praxis und Leitlinien absehbar.